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Kürzlich hat mir ein Bekannter leidvoll geklagt, dass er überhaupt nicht verstehe, warum keiner in der Unternehmensleitung bemerke, dass seine Firma in eine Sackgasse fahre. Alle in der Organisation würden die Warnzeichen erkennen, aber diejenigen, die am Steuer sitzen, würden weiter munter drauflosfahren. „Was ist Deine Wahrnehmung bei den Unternehmen, die Du berätst?“ fragte er mich.

Ein paar Tage später wurde ich während eines Coachings mit einer ähnlichen Situation konfrontiert. Meine Klientin bemerkte, dass sie im Vorstand die Einzige sei, die offensichtlich realisieren würde, dass sich die Organisation in einer Sackgasse befände.

„Woran machen Sie das fest“, fragte ich sie. „Alles ist blockiert, nichts geht weiter, wir beschäftigen uns hauptsächlich mit uns selbst und alle Versuche, meine Kollegen auf die festgefahrene Situation aufmerksam zu machen, laufen ins Leere“, entgegnete sie mir. „Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll.“

Viele Menschen kennen das Gefühl, sich in einer Sackgasse zu befinden. Doch wie geraten sie hinein? Was ist das Phänomen der Sackgasse?

Am Anfang der Straße glaubt man, in die richtige Richtung zu fahren um erst kurz vor Ende der Straße zu bemerken, dass man in einer Sackgasse gelandet ist und es nur noch einen Ausweg gibt – nämlich umzukehren. Als Autofahrer versucht man zu wenden, was zahlreiche Manöver erfordert, speziell dann, wenn noch mehrere Fahrer das Schild am Anfang der Sackgasse ‚übersehen’ haben und die Straße verstopfen.

Wie funktioniert das in Organisationen? Wie gut sind die Führungskräfte, sich der Realität der Sackgasse zu stellen?

In meiner Wahrnehmung wird in den meisten Fällen nach dem Schuldigen gesucht und der Fahrer (CEO) entlassen, aber das Auto steht dann ja immer noch in der Sackgasse. In Folge werden Projektteams gebildet, die neue Strategien entwickeln, um die festgefahrene Situation wieder in Schwung zu bringen. Die Wendemanöver nehmen einige Zeit in Anspruch und manchmal ist die Organisation nach einigem hin und her wieder dort, wo sie vorher war.

Warum ‚basteln’ so viele an Pseudo-Strategien, anstatt einfach umzukehren? Warum legen die Unternehmen und ihre Führungskräfte keinen Rückwärtsgang ein? Angst vor Macht- und Gesichtsverlust? Eigentlich ist das gar nicht relevant, denn ich bin zutiefst überzeugt, dass sich die meisten Organisations-Desaster vermeiden liessen, wenn die Fahrer auf das Schild am Anfang der Straße achten und anhalten würden, anstatt mit Vollgas in die Sackgasse zu fahren.

Was sind die ‚Warnzeichen’ einer Sackgasse in Organisationen?

Wachstumsexplosion kombiniert mit Zentralisierungsdrang

Ein überraschend starkes (nicht geplantes) Wachstum, mit der Folge, dass Abteilungen wie die Pilze aus dem Boden schießen, Mitarbeiter Verantwortungen übertragen bekommen, die ihre Kompetenzen bei weitem übersteigen, dass sich Machtzentren (‚Fürstentümer’) bilden – kurz – die Organisation unübersichtlich wird. Spätestens wenn sich die ganze Organisation hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, anstatt mit dem Kunden und dem Markt, sollten die Alarmglocken läuten. Mehrdimensionale Matrixorganisationen mit unklaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sind klare Anzeichen, dass sich die Unternehmung bereits mitten in einer Sackgasse befindet.

Ich habe in solchen Phasen sehr gute Erfahrungen mit kleinen schlagkräftigen Themenabhängigen Arbeitsgruppen gemacht, die idealerweise aus 2 Mitgliedern der Geschäftsleitung und 3 Mitarbeitern bestehen und alle anderen bisherigen Führungsgremien ausnahmslos ersetzen. Sie erarbeiten Vorschläge, diskutieren mit den relevanten Stakeholdern und treffen Entscheidungen mit einfacher Mehrheit. Vertrauen ersetzt Abstimmungsmarathons und endlose Meetings in zu großen Gruppen. Schnell wachsende Organisationen bleiben nur dann agil, wenn kleine führbare Geschäftseinheiten entstehen und Verantwortung vorrangig dezentralisiert wird. Zentrale Funktionen (Headquarter) beanspruchen keine Entscheidungsmacht, sondern beschränken sich auf ihre Koordinationsrolle und schaffen somit wertvolle Synergien fürs Unternehmen.

Profitgier und fehlende Gesprächskultur

Unrealistische Vorgaben der Eigentümer können Organisation in die Profitgier Falle treiben. Alles ist auf Profit Wachstum ausgerichtet, der quartalsweise berichtet werden muss. Dem Kontrollbedürfnis Rechnung zu tragen wird mehr und mehr zentralisiert. Die auszuführenden Funktionen dürfen keinerlei eigenständige Entscheidungen treffen und irgendwann bringt auch das letzte Kostensenkungsprogramm nicht den gewünschten Profit, das Unternehmen steht am Ende der Sackgasse.

So einfach es auch klingt, aber das Miteinander Reden und Kompromisse finden wollen, findet dort, wo unterschiedliche Erwartungen aufeinandertreffen, recht selten statt. Ein Business Coach objektiviert die Erwartungshaltungen und moderiert in regelmäßigen Diskussionsrunden die notwendigen Gespräche zwischen Eigentümer und Organisation.

Ignoranz und Selbstherrlichkeit

Es gibt Menschen, die am Steuer sitzen und trotz der Warnung der Mitfahrer so tun, als ob sie kein Schild gesehen hätten und am Ende der Straße den anderen die Schuld geben, dass sie in einer Sackgasse gelandet sein. Wutentbrannt beschimpfen sie ihre Mitarbeiter und verlassen beleidigt die Bühne.

Ein Coaching Prozess könnte diesen Manager unterstützen sich in Selbstreflexion zu üben und um Feedback zu bitten. Eventuell realisieren sie dann, dass es etwas mehr als einen Führerschein braucht, um eine Organisation mit Menschen zu führen. Sollten sie sich allerdings jeglicher Unterstützung verschließen und auch noch in der Organisation verbleiben, sollten Sie Ihre Kompetenzen einer anderen Organisation zur Verfügung stellen, denn gegen Ignoranz ist kein Kraut gewachsen.

Organisationen wenden sich häufig erst dann an externe Berater, wenn der Wagen schon festgefahren ist. Es wäre wesentlich wirkungsvoller, eine Situationsanalyse  schon bei den ersten Warnzeichen zu machen.

Wir zeigen ihnen die Schilder, die Sie im ‚Eifer des Gefechts‘ leicht übersehen können und erarbeiten mit Ihnen passende Alternativen. 

Es geht auch ohne Sackgasse!

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